Erste WHO-Leitlinie zur Demenz- Prävention
Im Mai 2019 hat die WHO in Genf erstmals 20 konkrete evidenzbasierte Empfehlungen vorgelegt, um die Demenzinzidenz in den kommenden Jahren zu senken. Die Leitlinie ist damit wohl eine der ersten zur globalen Demenz- Prävention.
Wenig überraschend konzentriert sich die Leitlinie (Original und Links weiter unten) auf bekannte kardiometabolische Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Alkohol- und Tabakkonsum, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Diabetes und Hypertonie; diese gehen alle auch mit einem erhöhten Demenzrisiko einher.
Interessant ist, welchen Stellenwert die WHO diesen Faktoren jeweils beimisst. Sie unterteilt ihre 20 Empfehlungen in „stark“ und „eingeschränkt“. An starke Empfehlungen sollten sich möglichst alle alternden Menschen halten, hier überwiegt der Nutzen die Risiken.
Für eingeschränkte Empfehlungen gibt es mitunter Alternativen oder sie sind nicht für jeden geeignet. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
- Körperliche Aktivität steht ganz oben auf der WHO-Liste. Dazu rät die WHO mit einer starken Empfehlung allen kognitiv gesunden Erwachsenen. Begründet wird dies mit Dekaden umfassenden Kohortenstudien, in denen die Demenzrate umso geringer war, je mehr sich die Teilnehmer im Laufe ihres Lebens bewegt hatten. Körperliche Aktivität scheint sowohl einen direkten günstigen Einfluss auf Hirnstrukturen zu haben als auch indirekt über verbesserte kardiometabolische Funktionen die Demenzgefahr zu senken.
Als geeignet wird aerobes Ausdauertraining, Krafttraining oder ein Multikomponententraining erachtet. Dabei wird auf bestehende WHO-Empfehlungen verwiesen, wonach Menschen über 65 Jahren mindestens 150 Minuten pro Woche moderat bis intensiv oder 75 Minuten intensiv trainieren sollten.
- Die Raucherentwöhnung erhält ebenfalls eine starke Empfehlung, basierend auf Kohortenstudien. Es wird davon ausgegangen, dass im Tabak enthaltende Substanzen das Gehirn direkt schädigen, zusätzlich trägt Rauchen als kardiovaskulärer Risikofaktor zur Demenzentstehung bei. Gewisse Nebenwirkungen seien allenfalls bei einem pharmakologisch unterstützten Tabakentzug zu befürchten, sodass auch hier der Nutzen der Entwöhnung deren Risiken übertreffe, stellt die WHO fest.
- Eine gute Blutdruckkontrolle bei Hypertonikern erhält ebenfalls eine starke Empfehlung. Nach Studiendaten ist eine Hypertonie vor allem im mittleren Lebensalter für das spätere Demenzrisiko relevant, weniger deutlich ist der Zusammenhang nach der WHO-Analyse für eine Hypertonie in der späten Lebensphase. Wichtig wäre es, eine Hypertonie durch einen gesunden Lebensstil mit viel Bewegung und gesunder Ernährung zu vermeiden und Hypertoniker leitliniengerecht medikamentös zu versorgen, fordern die WHO-Autoren.
- Eingeschränkte Empfehlung gibt es für die mediterrane sowie eine ausgewogene Ernährung basierend auf vorhandenen WHO-Leitlinien. Dazu gehören viel Obst, Gemüse, Nüsse, Vollkornprodukte, wenig Zucker, wenig Salz und wenig ungesättigte Fettsäuren.
- Alkoholreduktion, kognitives Training, soziale Aktivität und Gewichtsmanagement erhalten jeweils eine eingeschränkte Empfehlung. Ärzt*innen sollten auch alkoholabhängigen Personen oder solchen mit riskantem Konsum eine Verhaltens- oder Psychotherapie anbieten und adipöse Patient*innen auf Interventionen zum Abnehmen verweisen. Maßnahmen zur kognitiven Stimulierung und gegen soziale Isolierung werden ebenfalls als hilfreich angesehen, die Evidenz für solche Interventionen wird jedoch als schwach bis moderat bewertet.
- Diabetes, Dyslipidämie, Depression und Hörverlust stehen ebenfalls auf der WHO-Liste der Demenzrisikofaktoren. Hier verweist die Organisation auf bestehende Therapieleitlinien, die es bestmöglich einzuhalten gilt, wobei als Nebeneffekt ein reduziertes Demenzrisiko wahrscheinlich ist.
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